Systemwechsel: Canon 2 Nikon

Es ist passiert! Nach 5 Jahren gefestigter Canon Treue beende ich diese Liebesgeschichte und gehe nun fremd 🙂 Seit Kurzem schmückt keine Canon Schrift mehr meine Kamera und auch kein ferrariroter Ring meine Objektive. Mein Systemwechsel hat mich zur Konkurrenz geführt und ich darf mich nun Nikonianer nennen. In den letzten Wochen durfte ich in viele verwunderte Augen schauen und erklären warum ich mich für diesen Schritt entschied. Ich nehme dies als Anlass meine Gedanken zu verschriftlichen und möchte in dem Zusammenhang auch zeitgleich einen Brückenschlag machen zu meinen allgemeinen fotografischen Ansichten.

Ich steige direkt ein mit dem wichtigsten Aspekt. Werde ich mit der Nikon bessere Fotos machen? Kurz und knapp: Nein! Hat die Canon eine bessere Bildqualität: Ebenso Nein! Mittlerweile sind die Kamerahersteller technisch auf solch einem hohen Niveau angelangt, daß es schwierig ist Unterschiede mit dem bloßen Auge wahrzunehmen. Auf der anderen Seite ist es aber auch kein Geheimnis, daß den Nikon Sensoren durchgängig mehr Dynamik und ein besseres Rauschverhalten bescheinigt wird. Für meine Art der Fotografie ist dies aber nicht wirklich relevant. Im Bereich der Portraitfotografie fotografiert man üblicherweise nicht mit ISO 12.800 und auch die Dynamikreservern sind nicht kriegsentscheidend.

Warum aber nun Nikon? Ich bin ein Technik Nerd. Mein „Haben-Will-Gen“ setzt meinen Verstand immer wieder außer Gefecht und erleichtert immer wieder den Griff zur Kreditkarte. Aber ich wollte sicherlich nicht nur einfach Geld ausgeben. Ich hatte den Luxus in den letzten 2 Jahren über den Tellerrand zu schauen in Sachen alternative Systemkamera-Hersteller. Ich durfte Erfahrungen sammeln im Bereich der Micro Four Thirds Sensoren (eine Lumix GM1, die ich aktuell und regelmäßig im Einsatz habe) und Kameras aus dem Hause Fuji. Die wichtigste Erkenntnis, die ich für mich persönlich in der Zeit gewann war, daß der Umgang mit kleinerem Equipment mehr als angenehm war und förderlich für meine Art der Fotografie. Es war eine Erleichterung sich weniger auf das Schleppen von Equipment zu konzentrieren, sondern seinen Fokus voll auf das wesentliche zu beschränken und das Wesentliche ist das Fotografieren. Wie so oft in der Fotografie gibt es aber kein richtig oder falsch. Jeder muss für sich seinen eigenen Weg auf Basis seiner technischen Vorlieben finden. Ich entschied mich daher mich von meinen großen Zoomobjektiven (24-70 und 70-200) zu trennen und umzusteigen auf hochwertige Festbrennweiten. Festbrennweiten sind deutlich kleiner und bieten in Sachen Abbildungsleistung mehr Reserven. Da meine Canon 5D Mark 3 nun mittlerweile auch 3 Jahre auf dem Buckel hatte mit über 200.000 Auslösungen kam mir dann die Idee, warum nicht in dem Zuge direkt das komplette System wechseln. Da ich dafür bekannt bin keine halbe Sachen zu machen, dachte ich mir „Wenn schon denn schon“. Ja, die Bedienung einer Nikon ist „anders“ und ja Sie ist für mich ungewohnt. Aber auch hier – der Umgang mit den Panasonic und Fuji Kameras hat mich gelehrt, daß man lediglich ein paar Tage Eingewöhnung benötigt und danach geht die Bedienung ins Blut über und erfolgt intuitiv. Was mich weiterhin ins Nikon Lager trieb war die relativ neue Nikon D750 (vorgestellt auf der Photokina 2014) – die erste Vollformat Spiegelreflex Kamera mit WLAN und Flip Screen. Mir ist bewußt, daß dies nicht unbedingt Funktionen sind, welche für das Profi Lager relevant sind, aber ich habe beides durch meine Erfahrungen mit den Systemkameras kennen und schätzen gelernt. Ein weiterer Aspekt ist das Fokus Hilfslicht. Gerade in dunkleren Situationen ist der Fokus dann doch recht flott unterwegs. Das kompaktere und leichtere Body rundete das ganze Paket positiv ab.
In Sachen Objektive habe ich mich entschieden für 3 Festbrennweiten (28mm / 50mm / 85mm). Gerade das 28mm mit einer 1.8er Lichtstärke macht ungemein Spaß. Weitwinklige Fotos mit einem angenehmen Hintergrund Bokeh sind kein gängiger Foto Look und fallen dadurch auch (positiv) ins Auge. Desweiteren ist die 85mm Linse mit der Blende 1.4 mein absolutes Lieblings-Portraitobjektiv. Im Rahmen eines Seminars beim bekannten Fotoblogger Patrick Ludolph konnte ich dieses („sein“) Objektiv und dessen Stärken bestaunen. Tolle Schärfe und verträumtes intensives Bokeh. Auch wenn kostspielig habe ich meinem oben benannten „haben-wollen“ Gen nachgegeben. Wenn sich ein Kaufreiz im Hypothalamus festgesetzt hat, dann kriegst du den nicht mehr weg. Er steckt wie ein Splitter fest und die Einzige Abhilfe ist dem Kapitalismus den Weg frei zu machen und „kaufen“ 🙂

Sooo, nun habe ich das tolle neue glänzende Equipment. Wie ich es aber Eingangs schon erwähnte werde ich aber nur durch das neue Equipment keine besseren Fotos machen. Wenn es eins gibt was ich in den letzten Jahren gelernt habe, dann ist es, daß gute Fotos nur entstehen mit dem fotografischen Verständnis für gutes Licht und Bildkomposition. Oft habe ich in letzter Zeit die Fragen von Freunden gehört, ob ich das ein oder andere Fotos mit meiner Vollformat Kamera gemacht habe. Dann kriege ich das Grinsen nicht aus meinem Gesicht und bemerke, daß es mit meiner Mini Lumix GM-1 gemacht wurde. Mit jeder kleinen Knipse kann man ein gutes Foto machen, wenn das Licht stimmt. Die Erkenntnis in diesem Satz hat mich viel Geld über die letzten Jahre gekostet und diese Erkenntnis musste ich mir auch schwer erarbeiten. Natürlich ist es dann legitim zu fragen, warum ich dann überhaupt in Vollformat Equipment investiere. Da schließt sich der Kreis und das Technik Herz gewinnt Überhand. Ich bin zeitgleich auch kein Fan von dem Begriff „nicht die Kamera macht das Bild, sondern der Fotograf“. Auch wenn an dem Spruch was wahres dran ist, macht es dennoch einfach Spaß mit der aktuellsten Technik „spielen“ zu dürfen. Dies ist ein Luxus der mir bewusst ist und den ich zu schätzen weiss.

Genug geschrieben und nun zum Fazit: Der einzige Weg dich von der aktuellen Masse an Knipsern abzugrenzen ist nicht das grenzenlose Philosophieren hinsichtlich Kameraequipment, sondern das Erweitern deine fotografischen Skills. Dabei geht es nicht um den technischen Aspekt, sondern die Entwicklung einer eigenen Bildsprache.

Koray Can